Das Bezirksarchiv in Prostějov [Prosssnitz] entstand im Jahr 1955 als eine Facheinrichtung des Bezirksnationalausschusses. Es knüpfte bei seiner Entstehung an die Tätigkeit des ehemaligen Prossnitzer Stadtarchivs an, deren Anfänge ins Jahr 1904 datiert werden. Bis 1954 bildeten Archiv und Stadtmuseum eine einzige Institution unter dem Namen „Stadtarchiv und Museum in Prossnitz“.
Von Anfang an hatte das Archiv mit Platzmangel zu kämpfen. Die vorgeschlagene Unterbringung des Archivs im Schloss Plumlov [Plumenau] erwies sich als unrealistisch, und das Archiv blieb somit auch weiterhin im Museumsgebäude. Aus der Sicht des Archivs handelte es sich um eine Notlösung, da es nur einen Raum für den Archivar und zwei Räume mit ungenügender Kapazität für das Depositorium erwarb. Die unbefriedigende Lage sollten zwei Kellerräume mildern, welche die Archivalien mit Kohle teilten. Angesichts der kritischen Platzverhältnisse im Archiv wurde 1956 über seine Verlagerung in den Nordflügel des Prossnitzer Schlosses entschieden, zum eigentlichen Umzug kam es jedoch erst im Jahr 1961. Im Jahr 1967 erwarb das Archiv auch den westlichen Schlossflügel, in dem 1968 der Betrieb aufgenommen wurde und wo das Archiv für die nächsten 30 Jahre blieb. Die Lagerkapazität wurde jedoch bald erschöpft und der Platzmangel und das Fehlen eines Lesesaales und eines Ordnungsraumes wirkten sich negativ auf die sämtliche Archivtätigkeit aus – bei einer Kassation konnten keine Archivalien in Empfang genommen werden, die Zugänglichmachung von Archivalien beschränkte sich auf die Bearbeitung kleinerer Archivbestände und den Forschern stand ein Minimum an Raum zur Verfügung.
Nach dem Erwerb einiger kleinerer Räume mit einer ungenügenden Lagerkapazität und nach einigen nicht umgesetzten Projekten für den Bau eines neuen Archivgebäudes kam es im Jahr 1998 zu einem Fortschritt, als das Bezirksamt in Prostějov eine Fabrikanlage in der Strasse Třebízského von Ing. Arnošt Rolný für den Archivbedarf kaufte. Nach einer anstrengenden Renovierung wurde das neue Archiv am 8. März 2000 feierlich eröffnet. Neben einer grosszügig ausgelegten Konservierungswerkstatt und einem Mehrzwecksaal erwarb das Archiv auch eine mehr als standardmässige Platzreserve. Die Bedingungen im neuen Archivgebäude ermöglichten es, das Archiv vermehrt der Öffentlichkeit zu öffnen und sich ausser der eigentlichen Archivarbeit, welche in der vorarchivischen Schriftgutverwaltung und der Zugänglichmachung von Archivbeständen besteht, auch der kulturell-aufklärerischen Tätigkeit zu widmen. Vorträge und Ausstellungen über regionale Themen sind schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Grosser Wert wird auf die Digitalisierung der Archivbestände und Sammlungen und ihre anschliessende Veröffentlichung gelegt. Das Staatliche Bezirksarchiv Prostějov betreut aktuell 1762 Bestände und Sammlungen, deren Umfang 3605 Laufmeter beträgt. Die Archivbibliothek enthält zum 1. Januar 2017 13.986 überwiegend regionalen Themen gewidmete Bände.
Grundmerkmale der Bestände zur Geschichte der Familie des Hauses Liechtenstein
Die meisten Materialien zur Geschichte der Familie des Hauses Liechtenstein befinden sich im Bestandarchiv der Stand Prostějov [Archiv der Stadt Prossnitz]. 1599 kaufte Karl von Liechtenstein von den Gläubigern der Herren von Pernstein die überschuldete Herrschaft Plumenau. Die Stadt Prostějov trug dazu mit dem Betrag von 27.000 fl. in der Hoffnung bei, dass sie im Besitz dieses reichen Adelsgeschlechts nicht mehr mit der Haftung für obrigkeitliche Schulden belastet wird, wie es unter den Pernsteinern der Fall war. Karl von Liechtenstein enthob dann die Stadt 1600 tatsächlich dieser Pflicht, sein Übertritt zum Katholizismus im Jahr 1599 setzte die evangelische Stadt jedoch anderen Gefahren aus, wie es sich in der Folgezeit in vollem Umfang zeigen sollte. Nach der Niederlage am Weissen Berg wurde Prostějov durch eine gewaltsame Rekatholisierung betroffen, die mit wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen und ständigen Eingriffen in die Stadtrechte sehr hart durchgesetzt wurde. Karl von Liechtenstein hob zum Beispiel im Jahr 1612 die Möglichkeit einer Berufung zum höheren Olmützer Recht auf und ordnete an, dass sich Prossnitzer Stadtbürger an seine Feldsberger Kanzlei wenden sollen. Er behielt sich die Bestätigung von Todesurteilen vor und legte fest, dass die Stadt die Feldsberger Rechtsunterweisung geltend machen soll. Er errichtete in Prostějov die Funktion eines fürstlichen Richters, der die erste Persönlichkeit der Stadt darstellte. Die liechtensteinische Politik griff auch in die Herrscherrechte ein. 1685 erteilte Johann Adam von Liechtenstein der Stadt das Recht einen weiteren Jahrmarkt und den Pferde- und Viehmarkt abzuhalten. Die Böhmische Hofkanzlei führte aus dem Grund in den Jahren 1687–1737 gegen die Liechtensteiner einen Fiskal-Prozess wegen Eingriffen in die Herrscherrechte.
Ein weiterer Bestand, der für Forschungen über die Geschichte der Familie des Hauses Liechtenstein in Anspruch genommen werden kann, ist der Bestandarchiv des Städchens Plumlov [Archiv des Städtches Plumenau]. Das wertvollste Schriftstück in diesem Fonds ist die Urkunde Karls von Liechtenstein aus dem Jahr 1600, welche Plumlov frühere Vorrechte zuerkennt. Die Akten bis 1850 betreffen überwiegend die Beziehung des Städtchens zur Obrigkeit.
Am Rande können auch Archive der Gemeinden benutzt werden, die zur Herrschaft Plumenau gehörten, sowie auch die Bestände der politischen Verwaltung und der Gerichtsverwaltung, wie beispielsweise der Bestand Okresní úřad Prostějov [Bezirksamt Prossnitz].
Übersicht der Fonds zur Geschichte der Familie des Hauses Liechtenstein
Archiv města Prostějov [Archiv der Stadt Prossnitz]
Archiv městečka Plumlov [Archiv des Städtches Plumenau]
Okresní úřad Prostějov [Bezirksamt Prossnitz]
Kontaktangaben
Státní okresní archiv Prostějov
Třebízského 1
CZ-796 01 Prostějov
Tel. +420 582 301 511
E-Mail:
https://www.archives.cz/web/soka/prostejov
Literatur
Kühndel, Jan – Mathon, Jaroslav: Plumlovský zámek a jeho knížecí architekt [Das Schloss Plumenau und sein Hofarchitekt]. Prostějov 1937.